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Stadtmarke

"Aktion hat dem heimischen Selbstbewusstsein gut getan"

Im April 2023 hat das Hamburger Verkehrsunternehmen HVV gemeinsam mit der Agentur KNSK die Kampagne "Kannste machen. Oder bleib einfach hier" initiiert. Ziel ist es, die Deutschlandticket-Nutzer:innen dazu zu bewegen, die Fahrkarte vor allem in der norddeutschen Hansestadt zu nutzen. Auf den Motiven werden diverse Städte und Bundesländer genannt, die zwar auch bereist werden können, doch laut dem HVV ist es in Hamburg am schönsten, weshalb die Bahnfahrenden zum Bleiben bewegt werden.

Eines der Kampagnenmotive greift den Spruch von Hanjo Seißler auf, der im Jahr 1996 im Magazin der "Süddeutschen Zeitung" einen Artikel mit der Überschrift "Was ist schlimmer als verlieren? Siegen" veröffentlichte, der die seiner Meinung nach negativen Seiten Siegens aufzeigte. Dieses Plakat des Hamburger Verkehrsunternehmens hat für Furore gesorgt – sowohl bei den Bürger:innen der nordrhein-westfälischen Stadt als auch in den Medien. Im Juli folgte eine Reaktion Siegens in Form einer Plakataktion. Stadtmarketingchefin Katja Teixeira hat im Interview mit PUBLIC MARKETING erklärt, wie es dazu kam, welche Wirkung es hat und ob eine Maßnahme ähnlich der #Bielefeldmillion auch in Siegen geplant ist, um mit dem Vorurteil aufzuräumen.

 


Das Stadtmarketing Siegen stellte die hohen Kosten der Elbphilharmonie auf humorvolle Weise in den Mittelpunkt der Konteraktion des HVV-Motivs "In Siegen alles verlieren?" - Foto: Stadtmarketing Siegen


PUBLIC MARKETING: Der HVV wirbt seit April 2023 für das Deutschlandticket. Auch die Stadt Siegen kommt auf einem der Motive vor und wird in Anlehnung an den Siegen-Verlieren-Spruch von Hanjo Seißler aufs Korn genommen. Wie haben Sie im Stadtmarketing darauf reagiert?

Katja Teixeira: Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil der Sprachwitz natürlich auch bei uns seine Wirkung nicht verfehlt. Weinend, weil eben dieser Sprachwitz Salz in alte Wunden eines jeden Siegeners und einer jeden Siegenerin ist. Und als wir im April davon erfuhren, habe ich sofort beschlossen, dass diese Aktion nicht unbeantwortet bleiben wird. Dabei war es uns wichtig, den Humor der HVV-Kampagne beizubehalten, auch wenn wir immer wieder von Einheimischen, die in Hamburg unterwegs waren, auf die Kampagne angesprochen wurden, und meistens nicht sehr positiv.

Auf der Suche nach einem Äquivalent zu unserer Achillesverse kam ich recht schnell auf die Elbphilharmonie, denn ich erinnere mich noch lebhaft an den Entstehungsprozess und hier vor allem an die extrem hohen Kosten, die ja Dauerthema in den Medien waren. Und die Kosten von 800 Millionen Euro passten hervorragend zu unserem 800-jährigen Jubiläum, sodass wir beides mit unserer Agentur Der goldene Faden aus Siegen in einem Motiv humorvoll miteinander verbunden haben, eine kleine und fröhliche Retourkutsche sozusagen.
 


Das Motiv wurde von der Agentur Der goldene Faden entwickelt - Foto: Stadtmarketing Siegen

PUBLIC MARKETING: Wo ist die Aktion sichtbar gewesen?

Teixeira: Das Motiv haben wir Ende Juli 2023 als City-Light-Poster eine Woche lang vor dem Hamburger Hauptbahnhof und auf der Straßenseite gegenüber des HVV platziert. Diese beiden Flächen sind für sich natürlich noch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein (allerdings prägnant und "frech"), verglichen mit der Reichweite der HVV-Kampagne. Da wir aber grundsätzlich nicht sehr üppig ausgestattet sind und eine derartige Aktion auch gar nicht eingeplant hatten für dieses Jahr, waren wir ziemlich eingeschränkt.

Um aber trotzdem eine gewisse Aufmerksamkeit und Reichweite zu generieren, haben wir die beiden Plakate von Hamburger Kollegen abfotografieren lassen und in den sozialen Netzwerken als Collage mit unserem Motiv verbreitet. Das hat in Siegen und der Region eingeschlagen wie eine Bombe und wurde von allen Medien aufgegriffen, einige Tage nach der Veröffentlichung kam der Radiosender EinsLive auf uns zu und hat dazu Beiträge gebracht, auch auf den sozialen Netzwerken mit großer Reichweite und Response. Nach einigen weiteren Tagen meldete sich dann die "Hamburger Morgenpost" bei mir, sodass wir es letztlich bis zurück nach Hamburg geschafft haben.

Wichtiger war aber für uns die Botschaft an die eigenen Leute hier vor Ort: Wir haben auf die Frage vom HVV selbstbewusst und fröhlich geantwortet und das nicht einfach auf uns sitzen lassen. Und das feiern die Menschen hier.
 

PUBLIC MARKETING: Glauben Sie, dass solche Aktionen einen direkten Einfluss auf Ihr Stadtimage haben?

Teixeira: Zur Aktion des HVV: Das ist schwer abzuschätzen, ich denke aber eher nein. Der Sprachwitz ist insbesondere beim Siegener Motiv so offensichtlich, dass man kaum nachdenken muss und durch den auf der Hand liegenden sprachlichen Zusammenhang geht glaube ich niemand eine Ebene tiefer und assoziiert die Stadt Siegen mit dem Verlust wovon auch immer. Es ist halt einfach nur witzig, mehr aber auch nicht. Und neben unserem gibt es ja noch zahlreiche andere Motive des HVV, also spielt Siegen auch keine tragende Rolle in der Kampagne.

Unsere Antwort hat eher eine Innenwirkung auf die einheimische Bevölkerung. Sie hat dem heimischen Selbstbewusstsein gut getan und für zahlreiche Lacher gesorgt. Eine langfristige Wirkung über die Stadtgrenzen hinaus ist eher unwahrscheinlich, dafür ist die Aktion nicht umfangreich und vor allem nicht langfristig genug. Aber das war ja auch nicht das Ziel, insofern sind wir unsererseits mehr als zufrieden damit, wie die Sache gelaufen ist.
 

PUBLIC MARKETING: Sie sind seit 2020 Geschäftsführerin des Stadtmarketing Siegen, allerdings kennen Sie die Stadt bereits seit Ihrer Jugend. Wie nehmen Sie Siegen wahr? Was ist das Besondere an dieser Stadt?

Teixeira: Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen und erst als Teenager ins Siegerland gezogen, was allerdings auch schon 30 Jahre her ist. Lange genug auf jeden Fall, als dass ich mich hier heimisch fühle. Ich nehme Siegen als eine extrem dynamische Stadt wahr. Hier ist seit mindestens 20 Jahren alles in Veränderung. Ob das jetzt das Stadtbild betrifft, was in der Wahrnehmung ja immer als erstes auffällt, oder die Integration der Studenten und der Universität ins Stadtleben, oder auch die Freizeitangebote – hier ist es, solange ich denken kann, immer nur nach vorn gegangen.

In meinen Augen lässt sich Siegen am besten mit dem Begriff "Stadt, Land, Fluss" charakterisieren: Eine echte Stadt, die allerdings mitten auf dem Land (und damit auch mitten im Grünen) liegt und entsprechend ländlich geprägt ist, und das ist auch genau das Wunderbare an Siegen. Welche Großstadt kann schon die Vorzüge einer Stadt und der Provinz gleichzeitig bieten? Geprägt ist Siegen auch sehr stark durch die Sieg, den heimischen Fluss. Die heimische Wirtschaft, die Topografie, und nicht zuletzt der Name – der Fluss hat schon maßgeblich dazu beigetragen, wie Siegen sich entwickelt hat.

Sicherlich ist hier nicht alles nur rosarot und wunderbar, aber das ist es wohl nirgends. Man darf seine Heimat auch mögen und sich dort wohl fühlen, wenn man sich der Nachteile bewusst ist. Es war auch nie Ziel oder Absicht, uns mit Hamburg zu vergleichen, das macht einfach keinen Sinn. Äpfel und Birnen schmecken schließlich beide gut, aber niemand will immer nur das Gleiche essen.
 


Katja Teixeira sieht Siegen als "echte Stadt, die entsprechend ländlich geprägt ist" - Foto: Stadtmarketing Siegen


PUBLIC MARKETING: Welche Maßnahmen setzen Sie im Stadtmarketing aktuell um, um die Stadtmarke Siegen weiter auszubauen und positiv zu besetzen?

Teixeira: Seit etwa einem Jahr führen wir einen Markenprozess in Siegen durch, mit der Unterstützung zweier Hamburger Unternehmen: die Markenberatung Brandmeyer und die Stadtmanufaktur. Letztere haben auch die Fotos von den Plakaten vor Ort gemacht. Im Markenprozess sind wir gerade dabei, die Analysephase abzuschließen. In diesem Jahr werden wir die Strategie ableiten, die sich aus dieser Analyse ergibt, um dann im kommenden Jahr mit der Umsetzung zu beginnen.

Währenddessen arbeiten wir natürlich fleißig im operativen Bereich: Wir ziehen mit unserer Touristeninformation und den Büroräumen just in diesem Monat in neue, größere, moderne und deutlich zentral gelegene Räumlichkeiten um. Außerdem führen wir ein großes Förderprojekt zum Zentrenmanagement durch, mit dem wir die Innenstadt stärken wollen.

Und daneben noch das Tagesgeschäft: Beratung von Touristen beziehungsweise Besuchern, ein breites Angebot an Stadtführungen, Veranstaltungen wie unser Altstadtfest im September und die klassische Kommunikation auf den üblichen Online-Plattformen. An allen Ecken und Enden arbeiten wir also an der nachhaltigen Sichtbarkeit und einem positiven Image von Siegen.
 

PUBLIC MARKETING: Wird es ähnlich einen Prozess geben, um sich von einem "Siegen-Verlieren"-Spruch loszusagen? Ich denke da gerade an Bielefeld, die sich im Rahmen von "#Bielefeldmillion" von dem Spruch löste, dass es die Stadt gar nicht gibt.

Teixeira: Das ist bisher nicht geplant, weil gerade dieses alte Narrativ so derart negativ ist, dass ich es für kontraproduktiv halte, darauf in der künftigen Kommunikation einzugehen – egal in welcher Form. So clever kann eine Kampagne in meinen Augen nicht sein, als dass man das ins Positive drehen kann. Die angesprochene Bielefeld-Aktion ergab sich übrigens auch als Folge des dortigen Markenprozesses. Anstatt uns jedoch von alten Klötzen an den Beinen zu trennen, würde ich lieber etwas ganz neues und unbelastetes machen. Aber was und wie es letztendlich wird, ergibt sich in den kommenden Monaten erst noch. Und das Schöne ist: Was auch immer es wird, hat es hier noch nicht gegeben.

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Anja Lüth 09.08.2023

 

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